Thomas Seer

Wer

Meine Entwicklung

Um den eigenen biographischen roten Faden im Zuge seiner Berufungsorientierung, das heißt seiner beruflichen Bestimmung zu finden, bedarf es mitunter einer unwegsamen Spurensuche. Geboren am 09.07.1957 teilte mir meine Mutter Anfang der 70er Jahre mit, für mich einen Ausbildungsplatz in einem großen Einzelhandelsunternehmen gefunden zu haben. Die Zeiten seien unsicher, der Realschulbesuch hinreichend und beendet und weiteres ließe sich später auch noch finden. Von den verschlungenen Pfaden, die ich anschließend beging, hatte ich noch keinerlei Ahnung, aber die Spur, die ich aufnehmen sollte, führte erst einmal in weitem Bogen an dem vorbei, was mich hätte erfüllen können.
Lediglich zwei Besonderheiten machten mich aufmerksam auf anschließende berufliche
Umorientierungen: Aufgrund der Größe des Konzerns erhielt ich die Möglichkeit, an zusätzlichen Personalführungsseminaren teilzunehmen und mich mit psychologischen Fragestellungen zu beschäftigen. Und hierbei entdeckte ich erstens eine mich beflügelnde Energie, die mancherlei sonstige Unzufriedenheiten auszugleichen vermochte und zweitens, ich hatte Spaß am Lernen, eine völlig neue Erfahrung, die mir die Bedeutung des Durchdringens spezieller Wissensgebiete erstmalig spürbar machte. Nach Beendigung der Ausbildung und des Förderprogramms sollte sich bereits eine leitende Funktion anschließen, aber mein Weg war schon vorgezeichnet in eine gänzlich andere Richtung. Ich spürte an diesem Punkt meiner Entwicklung genau, dass es hier für mich nicht mehr weitergehen konnte. Aber aus der unstimmigen Richtung kommend, blieb mir nur die Entscheidung für einen weiteren Umweg, und der war auch noch ungewiss, aber ich sollte ihn gehen, ich wollte studieren.

Stolpersteine, Umgehungsstraßen und Leitplanken

Vor diesen weitreichenden Schritt haben die Zulassungsbestimmungen jedoch eine Hochschulzugangsberechtigung gesetzt, über die ich nicht verfügte. Außerdem forderte die Bundeswehr meine Anwesenheit ein, welche sich zu jener Zeit nur schwer umgehen ließ, wie mein Bruder mir leidvoll zu berichten wusste. So ging ich freiwillig, geplant, mich einem Auswahlverfahren stellend und dem Ziel ausgestattet, in den vier Jahren der Verpflichtung drei Jahre die Abendschule zu besuchen. Weitere Fundstücke der eigenen Begabung sollten sich mir erschließen durch die Übernahme der Gestaltung sportlicher Aktivitäten und gelegentlicher Fortbildungseinsätze im Rahmen der politischen Bildung. Hierbei verdichteten sich dann auch bereits vorhandene Studienideen zu konkreten Absichten, und ich begann im Anschluss einen Lehramtsstudiengang für den Sekundarbereich I. Ich wollte unterrichten, zweifelsohne, Heranwachsende begleiten bei ihrem Übergang in die Selbstverantwortung, unterstützen im Selbstmanagement. Das Fach Arbeit/Wirtschaft bot sich geradezu dafür an.
Aber ich kannte auch bereits die Erwerbswelt aus unterschiedlichen Blickrichtungen, stamme selber zudem aus einer Unternehmerfamilie, als dass mich die Vermittlung traditioneller Rollenbilder unhinterfragt hätte begeistern können. Mich interessierten auch die Lebensbrüche, die familiären Widrigkeiten und das Erahnen von zukünftigen Entwicklungen. Neben meinen fachspezifischen Seminaren begann ich somit, immer öfter bei den „Psychologen“ vorbei zu schauen und mich in die Modelle der Persönlichkeitsentwicklung zu vertiefen. Das hat mir zwar gut getan, da ich jedoch mein Studium mit LKW-Transporten ins Ausland finanzierte, konnte ich leider auch meine erste körperliche Grenzerfahrung machen. Weiterhin hielt sich erschwerend das Gerücht, dass nur zwei erstklassige Staatsexamen den Weg in den Schuldienst überhaupt würden ebnen können. Dies war eine klare Ansage, viele beließen es dann auch dabei und orientierten sich frühzeitig um. Ich war bereit und entschlossen, das meine zu tun. Bei dem Anlauf, den ich bereits abgesteckt hatte, sollte mir auch die Landung gelingen.
Es kam jedoch noch ganz anders, und aus der anfänglichen Enttäuschung entstand letztlich eine Enttäuschung meiner selbst. Zwar hatte ich die erhöhte akademische Hürde genommen, aber der Finanzminister verfügte mittlerweile über einen generellen Einstellungsstopp, auf Jahre nicht absehbar. Eine bittere Erfahrung, welch ein Aufwand; groß wie ein Scheunentor schloss sich eine Türe, scheinbar ohne dass sich erkennbar ein Fenster öffnete. Nach einer Phase der Irritation und des Unverständnisses erhielt ich dann eine Anfrage von einem überregionalen Bildungsanbieter, ob ich nicht eine Schulungsstätte für Seminare der berufsbezogenen Erwachsenenbildung entwickeln könne. Hier nun reite sich wieder eine weitere Perle auf an dem roten Faden, der uns zu unserer Bestimmung führt. Jetzt wurde rückblickend deutlich, wieso ich für meine Examensarbeit das Thema: „Die Zukunft der Arbeit“ wählte und wofür es gut war, soviel Bedacht auf die didaktische Umsetzung in Lerngruppen gelegt zu haben. Schon im Referendariat hatte ich die Lehrpläne für die Berufsorientierung mit neuem Leben gefüllt. Jetzt also der Bezug zu Erwachsenen als die bestimmende Zielgruppe; ich hatte ein gutes Gefühl und sagte zu. Ich gründete einen Schulungsstandort, fand zusätzliche Mitstreiter, konzeptionierte die Schulungsunterlagen, moderierte die regelmäßigen pädagogischen Nachbesprechungen und entwickelte mit den Teilnehmern Handlungsideen für ihren weiteren Werdegang. Aber ich spürte auch zunehmend, wie mir die Energie abhandenkam, und ich realisierte, wo sie hin ging. Ich war nicht wirklich frei, zu sehr spielten die Interessen Dritter eine limitierende Rolle. In den knapp zehn Jahren der seminaristischen Tätigkeit hatte ich mich zwar mittels vielfältiger Fortbildungen beheimatet gefühlt, aber bei dem, was mein eigentliches Kernthema ist, war ich noch nicht wirklich angekommen.
Ein zweites Mal stellten sich diffuse Missempfindungen ein, die ich als Mahnung deutete, mich selbst zu hinterfragen. Zwischen den äußeren Loyalitätsansprüchen externer Auftraggeber und dem inneren Ruf nach Integrität war ich von meinem Kurs abgekommen und in Konflikte hineingeraten. Damit hatte ich nun meine Leitthemen und die Koordinaten einer Neuausrichtung gefunden.
Ich gab meine Aufgabe ab und begab mich ausgiebig auf die Suche nach tragfähigen, umsetzbaren Zugängen der Selbstbestimmung und Selbststeuerung.
Wie also kann ich förderliche Lebensumstände in mein Umfeld bringen, sodass ein ganzheitliches Wachstum und Selbstakzeptanz unterstützt werden?
Und schließlich: Veränderungsprozesse, Neuausrichtungen und Entscheidungen gehen oftmals mit irritierenden Emotionen und blockierenden Konflikten einher. Wie lassen sich diese Hindernisse jedoch durch ein funktionierendes Konfliktmanagement auffangen und letztlich bewältigen?

Angekommen

Mein neues Tätigkeitsumfeld und meine Selbstständigkeit gewannen an Konturen, und meine häuslichen Räume wurden dem entsprechend umgestaltet: In einen Ort, der Ruhe, Tiefe und Achtsamkeit im Austausch genauso zulässt, wie er das Eintauchen in die Entwicklungen der Neurowissenschaften, der System- und Kognitionsforschung für mich befördert. Es galt, eine Grundlage dafür zu finden, wie Menschen ihren eigenen Empfindungen auf die Spur kommen können. Wie sie sich selbst erschließen können, was ihnen gut tut, oder eher abträglich ist.
Wie sie sich selbst aktiv in die Erfahrungsräume bewegen, die sie mit ihren Kraftquellen verbindet. Gegebenenfalls sind hierbei neue Erfahrungen zu machen, die älteren Prägungen entgegenstehen. Und bei dem Durchschauen von Leiderfahrungen, wie auch bei der Bestimmung von tragenden Lebensgefühlen der eigenen Kompetenz und Zufriedenheit kann ein Coach eine wertvolle zeitnahe Unterstützung sein, da diese seelischen Verarbeitungsprozesse zumeist unbewusst ablaufen. Soviel Unterstützung von außen, wie gerade nötig, aber so viel Vertrauen auf die eigenen Selbstsorge innewohnenden Bewältigungs- und Wachstumskräfte wie möglich, dem kann ich folgen, dies ist für mich stimmig und somit mein zentrales Anliegen geworden.

Weiterer Kompetenzerwerb und Entwicklungsschritte

Dem eigenen Ruf folgen zu können setzt voraus, in dem inneren Stimmengewirr auch die maßgeblichen Tonlagen identifizieren zu können. Erfahrungen, Erinnerungen, Erlittenes und Erstrebtes irrlichtern in Gedanken und verschleiern mitunter die klare Sicht auf das jeweils Wesentliche, Passende und daher Erfüllende. Da ich selber schon frühzeitig mit unvermuteten und befremdlichen Lebenssituationen in Kontakt kam, interessieren mich die Erklärungs- und Lösungsansätze der diesbezüglichen akademischen Fachdisziplinen genauso, wie deren praktische Umsetzungsversuche im Life-Coaching. Somit besuchte ich Fortbildungen in NLP, Naikan und Gewaltfreier Kommunikation, sowie Schulungen im Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeitsmodellen. Ich erwarb eine zusätzliche gymnasiale Lehrbefähigung, schloss eine weitere Coachingausbildung und eine Mediationsausbildung ab. So wichtig derlei fachliche Grundlegungen auch sind, so bedeutsam bleibt dennoch das wachsame innere Gespür für die Stimmigkeit und Anschlussfähigkeit verbreiteter institutioneller Unterstützungsangebote.
Abschließend ermutige ich gerne dazu, gegebenenfalls neue Wege zu gehen, sich auf Veränderungen einzulassen, selbst aktiv zu werden und sich von allzu Begrenzendem zu befreien.